Forensische Toxikologie
Über den Vortrag
Schon Paracelsus prägte den Grundsatz „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei“. Aus diesem Grund wird in diesem Beitrag auf einige grundsätzliche Aspekte der Toxikologie aus forensischen Gesichtspunkten, insbesondere für das Leichenschauwesen relevante Intoxikationen, eingegangen. Eine vollumfängliche Darstellung der zahlreichen Substanzen/-gruppen würde den Rahmen dieser Präsentation sprengen.Der Vortrag „Forensische Toxikologie“ von Dr. med. Lars Ormandy ist Bestandteil des Kurses „Gerichtsmedizin“. Der Vortrag ist dabei in folgende Kapitel unterteilt:
- Gifte
- Nachweiskette
- Nachweismethoden
- Befunde
- Kohlenmonoxid
- Zyanid
- Kohlendioxid
- Nikotin
- Ethanol
- Medikamente
- seltene Intoxikationen
Quiz zum Vortrag
Wann muss die Möglichkeit einer Vergiftung am wenigsten in Betracht gezogen werden?
- Bei unerwartetem Todesfall durch einen Straßenverkehrsunfall
- Bei unerwarteten Todesfällen von bis dahin gesunden Personen
- Bei Drogenabhängigkeit
- Bei Personen mit erleichtertem Zugang zu Giften
- Bei plötzlichen Erkrankungen von Kindern ohne bekannte Vorerkrankungen
Was trifft auf Asservate bei der Frage nach Intoxikation nicht zu?
- Urin - zur Identifizierung von Substanzen weitgehend unbrauchbar
- Blut - Quantifizierung von Substanzen
- Mageninhalt - Identifizierung von Substanzen
- Haare - retrospektive Beurteilung von Konsumgewohnheiten
- Aufgefundene Mittel - Identifizierung von Substanzen
Was trifft nicht zu?
- Immunoassays - Quantifizierung
- Substanzen, meist in Form ihrer Metaboliten, sind nach ca. 8-10 Eliminationshalbwertszeiten so weit ausgeschieden, dass die Nachweisgrenzen gängiger Untersuchungsmethoden unterschritten werden.
- Immunoassays - Auftreten von Kreuzreaktivitäten möglich
- Chromatographie/Spektrometrie - Identifizierung, Quantifizierung
- Immunoassays - Screening
Was trifft auf Fragestellungen bzgl. Intoxikation nicht zu?
- Lebende - Haarkonzentration - Fahrtüchtigkeit, Schuldfähigkeit
- Lebende - Urinkonzentration - Abstinenznachweis, Bewährungsauflagen
- Lebende - Serumspiegel - Fahrtüchtigkeit, Schuldfähigkeit
- Lebende - Haarkonzentration - Abstinenznachweis, Bewährungsauflagen
- Leichen - Serumspiegel - tödliche Intoxikationen, Handlungsfähigkeit
Was trifft zur Leichenschau bei Verdacht auf Intoxikation nicht zu?
- Befundreich - fast jede Intoxikation zeigt auffällige Leichenschaubefunde
- Holzerblasen differentialdiagnostisch abzugrenzen zu Brandblasen
- Holzerblasen differentialdiagnostisch abzugrenzen zu Fäulniserscheinungen
- Kohlenmonoxid, Cyanwasserstoff (Blausäure) - hellrote Leichenflecken
- Barbiturate - Holzerblasen
Was trifft auf die Obduktion einer intoxikierten Leiche nicht zu?
- Leere, schlaffe Harnblase
- Befunde unspezifisch
- Lungenödem
- Hirnödem
- Asservate ggf. von Lunge, Leber, Niere, Haare, Glaskörperflüssigkeit, Liquor
Welche Aussage trifft nicht zu?
- Haare eignen sich zum Nachweis eines Konsums (Stunden bis Tage).
- Gifte sind Stoffe, welche unter bestimmten Bedingungen durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkungen die Gesundheit beeinträchtigen.
- Vergiftungen sind durch Gifte unmittelbar verursachte Schädigungen bzw. Erkrankungen des Organismus.
- Blut/Serum eignet sich zum Nachweis einer akuten Beeinträchtigung/Wirkung (Stunden).
- Urin eignet sich zum Nachweis eines Konsums (Tage, Wochen).
Was trifft zum Kohlenmonoxid nicht zu?
- Farbloses Gas, beißender Geruch
- Häufigste tödliche Vergiftung
- 300-fach höhere Affinität zu Hb als O2
- Anoxisches/inneres Ersticken
- Unvollständige Verbrennung (Durchlauferhitzer, Grill, Gasheizung, Kamin, Brände)
Was trifft auf Zyanide nicht zu?
- Entstehung - Verbrennung von Holz
- Bittermandelgeruch - 1/5 wahrnehmbar
- CN- + Fe3+ - Blockade Cytochromoxidase
- Mitochondrien - Hemmung der Atmungskette
- Inneres Ersticken
Was trifft auf Kohlendioxid nicht zu?
- Leicht - Ansammlung unter der Decke
- Farb-/geruchloses Gas
- Entstehung - Silos, Gärkeller, Gruben, Brunnen
- Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Krämpfe, Bewusstlosigkeit, Tod
- CO2
Was trifft auf Nikotin/eine Nikotinintoxikation nicht zu?
- Ca. 10 Zigaretten oder 1 1/2 Zigarren geraucht von einem Kind reichen aus, um tödlich zu sein.
- "Legale" Droge
- Speichelfluss, Schwindel, Erbrechen, Diarrhoe
- Bradykardie, Krämpfe
- Atemversagen, Herzversagen
Was trifft auf Hypnotika/Sedativa zu?
- Häufig Mischintoxikationen, zumeist mit Alkohol
- Geringe therapeutische Breite
- K.O.-Mittel, retrograde Amnesie
- Sehr kurzes Nachweisfenster - Stunden
- Insbesondere selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
Was trifft auf die Gammahydroxybuttersäure nicht zu?
- Sehr langes Nachweisfenster bis zu mehreren Tagen
- K.O.-Mittel - Sexualdelikte
- Miosis, Bradykardie, Bewusstlosigkeit, Atemlähmung
- Amnesien
- "Liquid Ecstasy"
Was trifft auf Psychopharmaka und Analgetika bzgl. einer Intoxikation nicht zu?
- Analgetika - in erster Linie NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika)
- Neuroleptika - extrapyramidal-motorische Störungen
- Neuroleptika - malignes neuroleptisches Syndrom mit Akinese, Rigor und maligner Hyperthermie
- Antidepressiva - Hypotonie, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen
- Analgetika - Opioide, Opiate - Miosis, Koma, Atemlähmung
Welche Aussage zum Insulin bzgl. Suizid- oder Tötungsabsichten trifft nicht zu?
- Von einer Hypoglykämie spricht man ab Blutzuckerwerten unter 90mg/dl.
- Das Ziel besteht darin, eine Hypoglykämie mit Bewusstlosigkeit, Koma und Tod zu erreichen.
- Die Bewusstlosigkeit tritt meistens bereits nach Minuten nach Insulingabe ein.
- Der Nachweis gestaltet sich als schwierig, Asservate wie Glaskörperflüssigkeit und Liquor sind zu untersuchen.
- Eine Bestimmung des C-Peptids erlaubt die Unterscheidung zwischen endogenem und exogenem Insulin.
Welche Aussage zu sehr seltenen Intoxikationen trifft nicht zu?
- Parathion führt zu einer reversiblen Blockade der Azetylcholinesterase und zeichnet sich durch einen Acetongeruch aus.
- Als Mees-Nagelbänder werden mattgraue Querstreifungen an Finger- und Zehennägeln bezeichnet, die durch eine Intoxikation mit Arsen oder Thallium zustande kommen.
- Intoxikationen mit Botulinumtoxin erfahren aufgrund der Anwendung in der Plastischen Chirurgie eine neue Aktualität.
- Ethanol wirkt als Antidot für Methanol, weil es diesem gegenüber durch die Alkoholdehydrogenase bevorzugt verstoffwechselt wird. So wird die Konzentration der Methanolabbauprodukte Formaldehyd und Ameisensäure, welche zu einer metabolischen Azidose führt, niedrig gehalten.
- Chronische Quecksilbervergiftungen können sich durch einen schwarzen Quecksilbersaum am Zahnfleischrand, Zahnausfall und Haarausfall bemerkbar machen.
Was trifft nicht zu?
- Raucher weisen oftmals im Blut Werte von > 20% CO-Hb auf, so dass Raucher häufig typische CO-Vergiftungssymptome zeigen.
- Nikotinvergiftung - Speichelfluss, Schwindel, Erbrechen, Diarrhoe, Bradykardie, Krämpfe
- Ethanolvergiftung - akzidentell, z.B. bei Kindern, die Reste aus Gläsern oder Flaschen konsumieren
- Ethanolvergiftung - willentlicher Konsum z.B. von Jugendlichen in Form von Alkoholexzessen
- Antiepileptika bei Überdosierung - Sedierung, Herzrhythmusstörungen, Tod
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Dozent des Vortrages Forensische Toxikologie
Dr. med. Lars Ormandy
Dr. med. Lars Ormandy arbeitet als Facharzt in der Abteilung Rechtsmedizin der Universitätsmedizin Göttingen.Kundenrezensionen
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Auszüge aus dem Begleitmaterial
-
... Erkrankung mehrerer Personen; bei Drogenabhängigkeit; bei Personen mit erleichtertem Zugang zu Giften ...
-
... Urin Nachweis eines Konsums (Tage, Wochen) ...
-
... Retrospektive Beurteilung von Konsumgewohnheiten ...
-
... Medikamente – Tablettenrest, Packungen; Heroin – Spritzbesteck; Pflanzenschutzmittel – ...
-
... Erbrechen, Diarrhoe, Bradykardie, Krämpfe; Atemversagen, Herzversagen ...
