
Bild: “Supreme Court of the United States” von Phil Roeder. Lizenz: CC BY 2.0
Die Hauptpartei eines Prozesses kann durch die Streitverkündung, eine an eine bestimmte Form gebundene Mitteilung an einen Dritten, erreichen, dass der Dritte Beteiligter des Prozesses wird. Die Streitverkündung ist in den §§ 72 bis 74 ZPO geregelt. Das Interesse der Hauptpartei daran, dass der Dritte Beteiligter des Prozesses und sein Streithelfer wird, kann vielfältig sein.
Einerseits ist der Dritte oft des Sachverhalts besser kundig und zum anderen tritt zu Gunsten der Hauptpartei die Interventionswirkung im Falle des Prozessverlustes ein, welche darin besteht, dass sich die tatsächlichen Fragestellungen und rechtlichen Beurteilungen im laufenden Prozess bindend auf den Dritten im Folgeprozess erstrecken (§§ 74 III, 68 ZPO) [Grunsky, Jacoby, Zivilprozessrecht,Rn.370].
Der Dritte kann sich entscheiden, ob er der Hauptpartei als Nebenintervenient beitreten will oder nicht. Tritt er bei, kommt es zur Nebenintervention und der Interventionswirkung (§§ 74 I ZPO, 68 ZPO). Tritt der Dritte nicht ein, kommt es jedoch auch zu der Interventionswirkung. Diese Wirkung herbeizuführen ist das hauptsächliche Ziel der Streitverkündung.
Verhältnis zum Dritten
Laut § 72 I ZPO kann eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ausganges des Rechtsstreits einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden.
Diese Formulierung weicht deutlich von § 66 ZPO, der Nebenintervention, ab. Dennoch kann die Hauptpartei grundsätzlich einem nach § 66 ZPO Beitrittsberechtigten den Streit verkünden.
Haupt- und Folgeprozess
Die Streitverkündung beeinflusst den Hauptprozess, abgesehen von der Zustellung der Streitverkündungsschrift und deren Erwähnung im Urteil, nicht. Der Streitverkündungsempfänger wird kein Prozessbeteiligter, ihm können auch keine Kosten auferlegt werden.
Im Erstprozess erfolgt die Streitverkündung durch Schriftsatz, der dem Dritten von Amts wegen durch das Gericht zuzustellen ist (§ 73 ZPO). Nicht geprüft wird, ob die Voraussetzungen des § 72 ZPO vorliegen.
Mit der Zustellung tritt eine materiell-rechtliche Hemmung der Verjährung ein (§ 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB). Bezüglich des Handelsrechts werden durch die Zustellung die Gewährleistungsrechte gemäß § 414 Abs. 3, § 423, § 439 HGB gewahrt.
Gemäß § 74 ZPO äußert die Streitverkündung im Folgeprozess Interventionswirkung. Im Falle der Streitverkündung greift die Interventionswirkung nach herrschender Meinung nur zugunsten des Streitverkünders, nicht zu seinen Lasten (BGHZ 100, 257, 260). Im Folgeprozess muss freilich auch geprüft werden, ob die Voraussetzungen der Streitverkündungswirkung nach § 72f. ZPO vorliegen.
Übersicht Streitverkündung/Nebenintervention
Streitverkündung | Nebenintervention | |
Zweck |
|
Beteiligung eines Dritten am Rechtsstreit bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses des Dritten |
Voraussetzungen | § 72 ZPO:
|
§ 66 ZPO:
|
Wirkungen |
|
|
Quelle
Grunsky/Jacoby, Zivilprozessrecht, 14. Auflage, München 2014.
Schreiben Sie einen Kommentar