Rederecht für Bundestagsabgeordnete

Rederecht für Bundestagsabgeordnete

Einschränkungen des Rederechts von Bundestagsabgeordneten tauchen immer wieder in der öffentlichen Diskussion auf. Gleich ob eine Verkürzung der Redezeit zugunsten der Anzahl der Redner oder das Erfordernis, dass der Redner von (s)einer Fraktion aufgestellt sein muss, den Abgeordneten wird die Realisierung ihres Rederechts erschwert. Der folgende Artikel zeigt Ihnen die Behandlung der Stellung des Abgeordneten und die Einschränkbarkeit des Rederechts.
bundestag
Lecturio Redaktion

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22.01.2024

Inhalt

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1. Allgemeines

Die Redefreiheit ist unverzichtbare Kompetenz des Abgeordneten zur Realisierung seiner Rechtsposition und seiner parlamentarischen Aufgaben. Geschützt wird dies durch das freie Mandat gem. Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG.

Abgeordnete sind Vertreter des ganzen Volkes und an Weisungen und Aufträge nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Daneben repräsentieren die Abgeordneten zumeist auch eine Partei. Mithin nehmen sie eine Doppelstellung ein (BVerfGE 2, 1 (72)).

2. Mandat

Gem. § 44 AbgG steht die Ausübung des Mandats im Mittelpunkt der Abgeordnetentätigkeit. Zu differenzieren ist nach Bestand des Mandats (Veranlassung zur Niederlegung des Mandats) und Ausübung des Mandats (gleichberechtigte Teilhabe des Abgeordneten an der Arbeit des Parlaments – dies umfasst Recht auf Information, auf Zugehörigkeit zu einer Fraktion oder einem Ausschluss) (BVerfG 2 BvR 2436/10 v. 17.09.2013).

3. Rederecht

Das Rederecht ist ein Statusrecht welches sich aus dem freien Mandat gem. Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG ergibt. Grundlage des derzeitigen Ausgestaltung des Rederechts bilden auf Grundlage von Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG die Geschäftsordnung des Bundestags (GOBT). Insbesondere Art. 43 Abs. 2 S. 2 GG gewährt den Abgeordneten ein jederzeitiges Rederecht. Sie können dieses daher auch außerhalb der Tagungsordnung und nach Beendigung der Beratung beanspruchen.

Grenzen des Rederechts ergeben sich aus dem Missbrauchsverbot, z. B. bei Häufung von Regierungsreden, Verletzung der Redezeitvereinbarungen oder Ausnutzung des Rederechts für sachfremde Ziele.

4. Einschränkungen des Rederechts

Eine Beschränkung des Rederechts kann erfolgen, um die Funktionsfähigkeit des Parlaments zu wahren. Grundsätzlich darf jeder Abgeordnete in einer Debatte im Bundestag Stellung nehmen. Würden jedoch alle Abgeordneten zu Wort kommen müssen, wären gerade seine wichtigsten Aufgaben nicht mehr möglich, d. h. Gesetzgebung und Kontrolle der Regierungsarbeit.

Insoweit ist fraglich, ob das Rederecht des Abgeordneten einschränkbar ist. Ein Eingriff ist zulässig, wenn die Freiheit des Mandats nicht schrankenlos gewährleistet ist. Schranke des Rederechts ist die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Parlaments.

Das Grundgesetz normiert keine Regelungen zur Dauer des Rederechts von Abgeordneten. Lediglich Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG verweist auf die GOBT. Dieses autonome Satzungsrecht bindet die Mitglieder des Bundestags. Darüber hinaus werden die kollidierenden, verfassungsmäßigen Rechte der Abgeordneten einem normativen Ausgleich zugeführt.

Die Inanspruchnahme des Rederechts setzt voraus, dass eine ordnungsgemäße Wortmeldung als auch Worterteilung durch den Bundestagspräsidenten/Vorsitzenden erfolgte. Nicht vom Rederecht umfasst sind daher Zwischenfragen oder Erklärungen zur Abstimmung.

Wird nun bei der Einschränkung des Rederechts bereits bei der Worterteilung angesetzt, also dürfen nur diejenigen Angeordneten sprechen, die von ihrer Partei als Redner benannt worden sind, sind die Auswirkungen auf einen fraktionslosen Abgeordneten problematisch.

Sind fraktionslose Abgeordnete Teil des Bundestags, wird diesen ihre Möglichkeit der Partizipation an der parlamentarischen Willensbildung genommen. Dem Abgeordneten ist es daher nicht möglich an der Vorbereitung von Entscheidungen des Bundestages mitzuarbeiten, Argumente einzubringen oder eine Sachdiskussion zu erzeugen.

Ein solcher Ausschluss darf nicht ohne gewichtige Gründe stattfinden. In Anbetracht des massiven Eingriffs in die Rechtstellung des Abgeordneten kann die Funktionsfähigkeit allein nicht ausreichen. In der Konsequenz ergibt sich hieraus, dass fraktionslose Abgeordnete anders behandelt werden als fraktionsangehörige Abgeordnete. Fraglich ist also, inwieweit eine unterschiedliche Behandlung zulässig ist.

Ein von der Fraktion benannter Redner steht als Stellvertreter für viele Abgeordnete. Die parlamentarische Arbeit wird gerade erleichtert, wenn der benannte Redner die Stimmen eint. Denn das Fraktionsprinzip ist maßgeblich für die Arbeit des Bundestages. Hinzu tritt, dass berücksichtigt wird, dass fraktionszugehörige Abgeordnete mehr Wahlberechtigte repräsentieren als fraktionslose Abgeordnete. Dies spricht für eine unterschiedliche Behandlung.

Sind aber nicht alle Abgeordneten einer Fraktion der gleichen Ansicht, können diese durch ihren benannten Redner nicht repräsentiert werden. Ihre Rechte würden also ebenfalls abgeschnitten. Daneben zielt der eindeutige Wortlaut des § 35 Abs. 1 S. 2 GOBT bezüglich der Rededauer auf den einzelnen Abgeordneten ab.

Diese Argumente sprechen gegen eine unterschiedliche Behandlung. Zu folgen ist zweiterer Ansicht. Daher ist eine unterschiedliche Behandlung unzulässig. Folglich ist eine Einschränkung durch Benennung des Redners durch eine Fraktion wegen Verstoß gegen Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG verfassungswidrig.

Als weitere Einschränkungsmöglichkeit erscheint ein zeitlich begrenztes Rederecht als sinnvoll. Hierzu finden sich in der GOBT bereits ausführlich Regelungen. § 35 Abs. 1 S. 2 GOBT legt eine Rededauer von 15 Minuten fest, soweit der Ältestenrat hierüber keine Vereinbarung gem. S. 1 getroffen hat, oder der Bundestag keinen anderen Beschluss erlassen hat. Daneben kann die Redezeit unter besonderen Voraussetzungen verlängert werden.

Bei Überschreitung der Redezeit muss zunächst der Bundestagspräsident eine Mahnung an den Redner aussprechen. Wird diese Mahnung missachtet, so soll der Bundestagspräsident dem Redner das Wort entziehen, § 35 Abs. 3 GOBT. § 35 Abs. 3 GOBT ist eine Soll-Vorschrift. Das heißt, liegen besondere Umstände des Einzelfalls vor, die eine von den Normen abweichende Entscheidung gebieten, kann ausnahmsweise davon abgewichen werden.

Darüber hinaus bietet § 36 GOBT die Möglichkeit den Redner zur Sache zu verweisen, sollte er vom Verhandlungsgegenstand abweichen. Im Falle der Nicht-Wahrung der Würde des Ortes oder bei Ordnungsverstoß kann der Ordnungsruf mit Nennung des Namens erfolgen, § 36 Abs. 2 GOBT.

Im Ergebnis bleibt zu sagen, dass eine zeitliche Einschränkung des Rederechts als Schranke tauglich ist, soweit diese dem einzelnen Abgeordneten ermöglicht seine Statusrechte wahrzunehmen.

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Simon Veiser

Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

Sobair Barak

Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

Wolfgang A. Erharter

Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

Holger Wöltje

Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

Frank Eilers

Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

Yasmin Kardi

Yasmin Kardi ist zertifizierter Scrum Master, Product Owner und Agile Coach und berät neben ihrer Rolle als Product Owner Teams und das höhere Management zu den Themen agile Methoden, Design Thinking, OKR, Scrum, hybrides Projektmanagement und Change Management.. Zu ihrer Kernkompetenz gehört es u.a. internationale Projekte auszusteuern, die sich vor allem auf Produkt-, Business Model Innovation und dem Aufbau von Sales-Strategien fokussieren.

Leon Chaudhari

Leon Chaudhari ist ein gefragter Marketingexperte, Inhaber mehrerer Unternehmen im Kreativ- und E-Learning-Bereich und Trainer für Marketingagenturen, KMUs und Personal Brands. Er unterstützt seine Kunden vor allem in den Bereichen digitales Marketing, Unternehmensgründung, Kundenakquise, Automatisierung und Chat Bot Programmierung. Seit nun bereits sechs Jahren unterrichtet er online und gründete im Jahr 2017 die „MyTeachingHero“ Akademie.

Andreas Ellenberger

Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

Zach Davis

Zach Davis ist studierter Betriebswirt und Experte für Zeitintelligenz und Zukunftsfähigkeit. Als Unternehmens-Coach hat er einen tiefen Einblick in über 80 verschiedene Branchen erhalten. Er wurde 2011 als Vortragsredner des Jahres ausgezeichnet und ist bis heute als Speaker gefragt. Außerdem ist Zach Davis Autor von acht Büchern und Gründer des Trainingsinstituts Peoplebuilding.

Wladislav Jachtchenko

Wladislaw Jachtchenko ist mehrfach ausgezeichneter Experte, TOP-Speaker in Europa und gefragter Business Coach. Er hält Vorträge, trainiert und coacht seit 2007 Politiker, Führungskräfte und Mitarbeiter namhafter Unternehmen wie Allianz, BMW, Pro7, Westwing, 3M und viele andere – sowohl offline in Präsenztrainings als auch online in seiner Argumentorik Online-Akademie mit bereits über 52.000 Teilnehmern. Er vermittelt seinen Kunden nicht nur Tools professioneller Rhetorik, sondern auch effektive Überzeugungstechniken, Methoden für erfolgreiches Verhandeln, professionelles Konfliktmanagement und Techniken für effektives Leadership.

Alexander Plath

Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.