
Bild: “Scales of Justice – Frankfurt Version” von Michael Coghlan / blogtrepreneur.com/media-justice . Lizenz: CC BY-SA 2.0
Inhaltsverzeichnis
- I. Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes
- II. Anfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes
- III. Aufhebbarkeit eines Verwaltungsaktes
- IV. Teilrechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes
- V. Heilung oder Unerheblichkeit, §§ 45 f. VwVfG
- VI. Umdeutung, § 47 VwVfG
- Dieses kostenlose eBook inkl. Fallbeispielen zeigt Ihnen einfach & verständlich Grundwissen zum BGB AT:✔ Einstieg über Rechtssubjekte✔ Methoden der Fallbearbeitung im Zivilrecht✔ Wichtige Normen und Problemfelder des BGB AT
Rechtswidrig ist der Verwaltungsakt, wenn die Behörde gegen Rechtsnormen mit Außenwirkung verstößt. Es kann sich um einen Verfahrensfehler handeln, oder um einen Rechtsverstoß infolge der Regelung des Verwaltungsaktes.
Von dieser objektiven Rechtswidrigkeit ist die Betroffenheit des Bürgers nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO zu unterscheiden. Ebenso ist der rechtswidrige Verwaltungsakt vom Nicht-Verwaltungsakt zu unterscheiden.
I. Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes
Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes macht ihn nicht sofort nichtig. Nichtig ist er nur unter den Voraussetzungen des § 44 VwVfG. Selbst ein Verstoß gegen EU-Recht führt nicht automatisch zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes.
Ein Blick auf § 44 Abs. 2 VwVfG verrät, wann ein Verwaltungsakt stets und absolut ungültig ist. Diese Gründe sollten dem Studierenden gut bekannt sein.
Im Gegensatz dazu stellt § 44 Abs. 3 VwVfG die Rechtsverstöße dar, welche nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsaktes führen. Auch diese sollten nicht übersehen werden.
Liegt keiner der Fälle der Absatze 2 und 3 vor, ist entscheidend auf Abs. 1 abzustellen. Dort heißt es: „Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.“
Hierbei ist die Vorstellung eines verständigen Bürgers maßgeblich.
Besonders zu achten ist darauf, dass ein belastender Verwaltungsakt nicht unbedingt nichtig gem. § 44 Abs. 1, 2 VwVfG sein muss, wenn eine rechtmäßige Ermächtigungsgrundlage fehlt.
Für die Prüfung ergibt sich daher die Empfehlung, die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes in dieser Reihenfolge zu prüfen:
- 44 Abs. 3 VwVfG
- 44 Abs. 2 VwVfG
- 44 Abs. 1 VwVfG
Eine Regelung zur Teilnichtigkeit des Verwaltungsaktes findet sich in § 44 Abs. 4 VwVfG.
Sollte der Verwaltungsakt nichtig sein, ist er gem. § 43 Abs. 3 VwVfG unwirksam. Zudem ergibt sich aus § 43 Abs. 2 S. 2 VwGO die Anfechtbarkeit eines nichtigen Verwaltungsaktes gem. § 42 Abs. 1 VwGO. Auch besteht die Möglichkeit einer Nichtigkeitsfeststellungsklage gem. § 43 Abs. 1 VwGO. Zuletzt besteht auch die Möglichkeit der behördlichen Feststellung der Nichtigkeit gem. § 44 Abs. 5 VwVfG.
II. Anfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes
Wie bereits festgestellt, sind rechtwidrige Verwaltungsakte grundsätzlich nicht nichtig, sondern nur im Wege des Widerspruchs gem. §§ 68 ff. VwGO oder der Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 VwGO anfechtbar.
Sollte der Betroffene mittels einer Anfechtungsklage gegen den Verwaltungsakt vorgehen, muss beachtet werden, dass dieser nicht nur objektiv rechtswidrig sein muss, sondern dass der Betroffene auch in seinen Rechten gem. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO betroffen ist.
III. Aufhebbarkeit eines Verwaltungsaktes
Ein Verwaltungsakt ist aufhebbar, wenn die Behörde oder das Verwaltungsgericht die Befugnis zur Aufhebung des Verwaltungsaktes hat. Bei Aufhebung durch die Behörde sind insbesondere §§ 48 f. VwVfG zu beachten.
IV. Teilrechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes
Ist ein Verwaltungsakt nur teilweise rechtswidrig, kann gem. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO auch nur der rechtswidrige Teil aufgehoben werden. Dies gilt ebenso für die Teilrücknahme gem. § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG.
Eine Teilrechtsmäßigkeit des Verwaltungsaktes kann aber gem. § 44 Abs. 4 VwVfG nur angenommen werden, wenn dieser teilbar ist, also nach Teilung noch eine sinnvolle Regelung vorliegt, ansonsten rechtmäßig ist und bei Vorliegen eines Ermessens- oder Beurteilungsspielraum der Teilverwaltungsakt vom mutmaßlichen Willen der Behörde gedeckt ist.
V. Heilung oder Unerheblichkeit, §§ 45 f. VwVfG
Formell rechtswidrige Verwaltungsakte können dennoch materiell richtig sein. Daher bestimmen §§ 45 f. VwVfG wann ein solcher Fehler geheilt werden kann oder unerheblich ist. Dies gilt allerdings nur, falls der Verwaltungsakt nicht gem. § 44 VwVfG nichtig ist.
1. Heilung, § 45 VwVfG
Durch Nachholung der in § 45 Abs. 1 VwVfG genannten Formvorschriften werden diese geheilt und der Verwaltungsakt wird formell rechtmäßig. Dies gilt allerdings ausschließlich für die in § 45 Abs. 1 VwVfG genannten Ausnahmen. Hierbei ist auch § 45 Abs. 2 VwVfG zu beachten. In diesem Bereich sind allerdings viele Einzelprobleme umstritten.
2. Unerheblichkeit, § 46 VwVfG
Sollte keine Heilung gem. § 45 VwVfG erfolgt sein, ist an eine Unerheblichkeit des Mangels gem. § 46 VwVfG zu denken. Danach besteht kein Anspruch auf Aufhebung des Verwaltungsaktes, wenn dieser auf die Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit gestützt ist und dieser Verstoß die Sachentscheidung offensichtlich nicht beeinflusst hat.
Offensichtlichkeit soll vorliegen, wenn der Einfluss auf die Sachentscheidung eindeutig aus jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist.
Bei gebundenen Entscheidungen durch die Behörde ist dies bereits der Fall, wenn der Verwaltungsakt materiell rechtmäßig ist.
In den Fällen, in denen der Behörde allerdings ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zustand, ist der Aufhebungsanspruch nur ausgeschlossen, wenn eindeutig keine Möglichkeit besteht, dass die Behörde ohne den formellen Rechtverstoß anders entschieden hätte. Dies ist praktisch fast nie der Fall, solange keine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt.
VI. Umdeutung, § 47 VwVfG
Gem. § 47 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt in einen rechtmäßigen Verwaltungsakt umgedeutet werden. Nach h.M. können sogar nichtige Verwaltungsakte in wirksame umgedeutet werden.
Eine Umdeutung ist jedoch nur möglich, wenn der ursprüngliche Verwaltungsakt fehlerhaft war, der umgedeutete Verwaltungsakt dieselbe Zielrichtung aufweist wie der fehlerhafte, kein Widerspruch zwischen Inhalt des Verwaltungsaktes und Behördenabsicht besteht, der umgedeutete Verwaltungsakt keine ungünstigeren Rechtsfolgen für den Betroffenen zeitigt und der ursprüngliche Verwaltungsakt rücknehmbar ist. Zudem kann kein gebundener Verwaltungsakt in einen solchen mit Ermessen umgedeutet werden.
Nach h.M. tritt die Umdeutung kraft Gesetzes ein. Festgestellt werden kann sie von der Behörde und dem Verwaltungsgericht.
Schreiben Sie einen Kommentar
2 Gedanken zu „Die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes“
Wenn in der Klausur rechtmäßig dasteht ist der Verwaltungsakt dann rechtwidrig?!
Hallo Veronika.
Ich bin nicht sicher, ob ich deine Frage richtig verstanden habe, allerdings gilt in der Klausur grundsätzlich Folgendes:
Steht im Klausursachverhalt, dass der VA rechtmäßig ist, kann bzw. muss sogar von der Rechtmäßigkeit desselben auch in der gutachterlichen Prüfung ausgegangen werden. Eine eingehende Prüfung der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des VA wird der Korrektor dann als überflüssig erachten.
Anderes gilt hingegen, wie der Artikel verdeutlicht, wenn im Klausurensachverhalt von einem rechtswidrigen VA ausgegangen wird. In einem solchen Fall wird dir idR auch der Grund der Rechtswidrigkeit im Sachverhalt genannt. Auch hier gilt, dass die Rechtswidrigkeit aus klausurtaktischen Gründen nicht mehr geprüft werden soll/darf. Vielmehr wird es in diesem Fall auf die Folge der Rechtswidrigkeit ankommen. Es ist dann zunächst auf den Grundsatz aus § 43 II VwVfG (rechtswidrige VA sind trotzdem wirksam) einzugehen und im Anschluss zu prüfen, ob der VA abweichend von diesem Grundsatz doch nach § 44 VwVfG unwirksam ist, vgl. Schema oben.
Ich hoffe, ich konnte dir helfen.
Viele Grüße,
Désirée Linsmeier