Das Handelsrecht ist ein besonderer Bereich des Zivilrechts, welches sich an Kaufleute richtet. Nur eine kleine Anzahl von Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind auch auf Nichtkaufleute anwendbar. Daher werden im HGB zuerst die verschiedenen Arten der Kaufleute definiert. Der Begriff des Kaufmanns ist für das gesamte Handels- und Gesellschaftsrecht von zentraler Bedeutung. Dieser Artikel behandelt die verschiedenen Kaufmannsarten, wie den Ist- oder Formkaufmann.
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Bild: “Cloth Market Istanbul” von Vincent_AF. Lizenz: CC BY 2.0


I. Einleitung

Es werden verschiedene Arten von Kaufleuten unterschieden:


Kaufleute, §§ 1 ff. HGB

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II. Das Gewerbe

Bevor auf den Begriff des Handelsgewerbes eingegangen wird, muss zunächst der Begriff „Gewerbe“ definiert werden.

Definition: Gewerbe ist jede selbstständige, auf Dauer angelegte, nach außen erkennbare Tätigkeit, mit Gewinnerzielungsabsicht, die nicht den freien Berufen, nicht der Urproduktion und nicht der reinen Vermögensverwaltung zuzuordnen ist, sowie nicht verboten ist.

Gewerbe

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III. Das Handelsgewerbe

In § 1 Abs. 2 HGB wird der Begriff des Handelsgewerbes legal definiert:

Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

Die Erforderlichkeit einer kaufmännischen Einrichtung hängt von verschiedenen Kriterien im Einzelfall ab. Die Entscheidung, ob die Erforderlichkeit zur ordentlichen Geschäftsführung und zum Schutz der Geschäftspartner besteht, wird durch eine Gesamtbetrachtung der Kriterien vorgenommen.

Folgende Kriterien könnenbeispielhaft herangezogen werden:


Kriterien für ein Handelsgewerbe

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Diese Kriterien können als Indikator für die Erforderlichkeit einer kaufmännischen Einrichtung des Betriebes herangezogen werden. Liegt ein solcher Betrieb vor, gehören zu einer kaufmännischen Einrichtung u.a. folgende Merkmale:


Merkmale für ein Handelsgewerbe

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IV. Arten von Kaufleuten

1. Istkaufmann, § 1 HGB

Gem. § 1 Abs. 1 HGB ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt.

Die Voraussetzungen für einen Istkaufmann sind daher:

  1. Betrieb eines Gewerbes
  2. Erforderlichkeit der kaufmännischen Einrichtung nach Art und Umfang

Wer ein Handelsgewerbe betreibt, ist daher kraft Gesetzes Kaufmann. Daher stammt auch der Begriff „Istkaufmann“. Die Kaufmannseigenschaft bringt verschiedene Rechte und Pflichten mit sich. So muss der Istkaufmann gem. § 29 HGB die Firma im Handelsregister eintragen lassen. Diese Eintragung ist aber nur von deklaratorischer Bedeutung.

2. Kannkaufmann, § 2 HGB

Ein Kleingewerbetreibender, der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HGB nicht erfüllt, hat die Wahl, ob er den Regelungen des HGB unterliegen möchte. Gem. § 2 HGB kann er seine Firma ins Handelsregister eintragen lassen und so die Kaufmannseigenschaft herbeiführen. Dies führt zur Anwendbarkeit der Regelungen für Kaufleute, was für die Geschäftsabwicklung im Betrieb vorteilhaft sein kann. Die Eintragung in das Handelsregister ist fakultativ, aber von konstitutiver Bedeutung für die Kaufmannseigenschaft.

Die Voraussetzungen für einen Kannkaufmann nach § 2 HGB sind daher:

  1. Betrieb eines Gewerbes
  2. Keine Erforderlichkeit der kaufmännischen Einrichtung nach Art und Umfang
  3. Eintragung in das Handelsregister

3. Uneigentlicher Kannkaufmann, § 3 HGB

Der Betrieb eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens wird im HGB privilegiert. Selbst wenn ein nach kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb erforderlich ist, gilt der Unternehmer nicht automatisch als Kaufmann. § 1 HGB findet hier keine Anwendung. Vielmehr kann der Betrieb sich ebenfalls fakultativ in das Handelsregister eintragen lassen und somit die Kaufmannseigenschaft herbeiführen.

Die Voraussetzungen für einen uneigentlichen Kannkaufmann nach § 3 HGB sind daher:

  1. Betrieb eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens
  2. Erforderlichkeit der kaufmännischen Einrichtung nach Art und Umfang
  3. Eintragung in das Handelsregister

4. Fiktivkaufmann, § 5 HGB

Der Fiktivkaufmann aus § 5 HGB beschreibt die Situation, dass ein Kaufmann nach Eintragung in das Handelsregister, in den Status des Kleingewerbetreibenden absinkt. Ein nach Art und Umfang nach kaufmännischer Weise eingerichteter Gewerbebetrieb ist somit nicht mehr erforderlich. Trotzdem wird er gem. § 5 HGB weiter als Kaufmann behandelt, damit der Rechtsverkehr geschützt wird. Denn Geschäftspartner sollen auf die Eintragung im Handelsregister vertrauen dürfen.

Demnach sind die Voraussetzungen für den Fiktivkaufmann:

  1. Betrieb eines Gewerbes (nicht mehr Handelsgewerbes)
  2. Konstitutive Eintragung

5. Formkaufmann, § 6 HGB

Manche Personengesellschaften und Körperschaften sind gem. § 6 HGB allein aufgrund ihrer Rechtsform Kaufleute. Von den Personengesellschaften zählen die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft zu den Formkaufleuten. Zudem sind u.a. die AG gem. § 3 AktG und die GmbH gem. § 13 GmbHG Formkaufleute.

6. Kaufmann kraft Rechtsschein

Das Konstrukt des Scheinkaufmanns entspringt dem Rechtsgedanken des Gebots von Treu und Glauben aus § 242 BGB i.V.m. § 5 HGB.

Definition: Scheinkaufmann ist, wer durch sein Verhalten den Anschein erweckt oder unterhält, Kaufmann zu sein. Er muss sich gegenüber gutgläubigen Dritten, die auf den von ihm geweckten Rechtsschein vertraut haben, als Kaufmann behandeln lassen.

Dabei ist die Rechtsfolge teilweise umstritten. Die überwiegende Meinung geht dabei davon aus, dass das HGB nur teilweise anwendbar ist, z.B. setzen sich die zwingenden Vorschriften des BGB (Formvorschriften etc.) durch. Das Argument für die Auffassung ist die Systematik und der Sinn und Zweck der HBG Vorschriften. Daraus entsteht folgende Prüfung:


Prüfungsschema Scheinkaufmann

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V. Fazit

Da der Kaufmannsbegriff im gesamten Handels- und Gesellschaftsrecht eine zentrale Rolle spielt, sollte dieser Begriff im Studium gut sitzen. Denn ob jemand Kaufmann ist oder nicht, entscheidet über die Anwendbarkeit des HGB. Dies dürfte in jeder Klausur die zentrale Weichenstellung darstellen.

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