
Bild: “Neighbors” . Lizenz: CC BY 2.0
I. Allgemeines
Zunächst ist festzuhalten, dass sich in § 1004 BGB zwei unterschiedliche Ansprüche verstecken, die streng voneinander zu trennen sind. In § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB findet sich der Beseitigungsanspruch und in S. 2 der Unterlassungsanspruch.
§ 1004 BGB gilt direkt nur für Eigentumsbeeinträchtigungen. Eine analoge Anwendung auf andere durch § 823 Abs. 1 BGB geschützte Rechtsgüter (z.B. das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) ist jedoch allgemein anerkannt.
Auf den Besitz ist es nach herrschender Meinung jedoch nicht analog anwendbar, da bereits § 862 BGB einen ausreichenden Schutz gewährt.
II. Beseitigungsanspruch, § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB
1. Schema
Prüfungsschema: Beseitigungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB
- Anspruchssteller ist Eigentümer
- Beeinträchtigung eines geschützten Rechtsguts, die nicht auf Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beruht
- Antragsgegner ist Störer
- Fortwirkende Störung
- Keine Duldungspflicht, § 1004 Abs. 2 BGB
2. fortwirkende Beeinträchtigung
Im Ergebnis stellt also jeder dem Inhalt des Eigentums widersprechende Zustand, z.B. das Betreten eines Grundstücks, eine Beeinträchtigung dar.
Diese muss auch noch andauern, denn § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB zielt auf die Beseitigung einer bestehenden Beeinträchtigung für die Zukunft ab. Bei einem bereits abgeschlossenen Tatbestand ist der Schaden bei schuldhaftem Handeln nach den §§ 823 ff. BGB zu ersetzen.
3. Störer
Die Beseititung kann nur vom Störer verlangt werden. Dieser Begriff gleicht dem aus dem Polizeirecht. Es wird in Handlungs- und Zustandsstörer unterschieden.
Sind mehrere Personen als Störer verantwortlich, steht dem Betroffenen gegen jedem ein selbständiger Beseitigungsanspruch zu.
Der Rechtsnachfolger übernimmt aus der Gesamtrechtsnachfolge auch die Beseitigungsverantwortung, § 1922, 1967 BGB.
a. Handlungsstörer
Dabei handelt der unmittelbare Störer selbst.
Beispiel: Klavierspieler in der Nachbarwohnung
Der mittelbare Störer hingegegen veranlasst Dritten zur Beeinträchtigung.
Beispiel: Flughafenunternehmer für den Fluglärm
b. Zustandsstörer
Also die Eigentümer oder Besitzer von Sachen, von denen die Beeinträchtigung ausgeht.
Beispiel: Umstürzen eines Baumes auf das Nachbargrundstück. Reine Naturereignisse können allerdings nicht zugerechnet werden.
III. Unterlassungsanspruch, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB
1. Schema
Prüfungsschema: Unterlassungsanspruch gem. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB
- Wiederholungsgefahr weiterer Beeinträchtigungen eines geschützten Rechtsguts
- Antragsgegner ist Störer
- Keine Duldungspflicht, § 1004 Abs. 2 BGB
2. Wiederholungsgefahr
Die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs ähneln denen des Beseitungsanspruches stark. Allerdings sind zusätzliche weitere Beeinträchtigungen, also eine Wiederholungsgefahr erforderlich. Entgegen des Wortlauts genügt es aber, dass eine erste Beeinträchtigung bevorsteht. Dies wird damit argumentiert, dass die Schadensverhütung besser sei, als die -beseitigung.
Auch an die Darlegung der Wiederholungsgefahr werden keine hohen Anforderungen gestellt: eine einmalige Störung indiziert grds., dass weitere Beeinträchtigungen zu erwarten sind.
IV. Duldungspflichten, § 1004 Abs. 2 BGB
Die Ansprüche auf Beseitigung bzw. Unterlassen bestehen gem. § 1004 Abs. 2 BGB nicht, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
In Betracht kommen gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Duldungspflichten.
Gesetzliche Duldungspflichten, u.a.:
- Rechtfertigungsgründe (z. B. §§ 227, 904 BGB)
- privates Nachbarschaftsrecht, gem. §§ 905 ff. BGB
- öffentlich–rechtliche Vorschriften (z. B. § 1 LuftVG)
Rechtsgeschäftliche Duldungspflichten:
- Dingliche und schuldrechtliche Verträge, z. B. wenn Vermieter dulden muss, dass die Kinder des
Mieters die Wohnung betreten
Der Verzicht auf Abwehransprüche ist möglich. Die bloße Duldung einer Störung stellt allerdings nicht schon den Verzicht oder gar Einwilligung dar.
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