Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts im Ausland

Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts im Ausland

Manchmal kommt es in der Strafrechtsklausur vor, dass der Sachverhalt einen Auslandsbezug aufweist. Dabei sollten Sie sich zunächst einige Gedanken zur Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts machen. Hier erfahren Sie, wann das deutsche Strafrecht anzuwenden ist.
Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts im Ausland
Lecturio Redaktion

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04.01.2024

Inhalt

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Ob das deutsche Strafrecht in Fällen mit Auslandsbezug angewendet werden kann, ergibt sich aus §§ 3 – 7 StGB und § 9 StGB. Diese gehen davon aus, dass deutsche Gerichte stets auch deutsches Recht anwenden. Anerkannt ist, dass es eines legitimierenden Anknüpfungspunktes bedarf, wenn ein Staat sein Strafrecht in Fällen mit Auslandsbezug zur Anwendung bringen will.

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Es existieren einige völkerrechtlich anerkannte Anknüpfungspunkte:

1. Territorialitätsprinzip

Das weltweit vorherrschende Territorialitätsprinzip knüpft die Strafbarkeit an den Ort der Tatbegehung. Danach kommt das Recht des Staates zur Anwendung, auf dessen Boden die Tat begangen wurde. §§ 3, 9 StGB sind Ausprägungen dieses Prinzips.

Aus § 9 StGB folgt insoweit der Ubiquitätsgrundsatz:

  1. Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat, im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist bzw. nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.
  2. Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat, im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit einer Strafe belegt ist.
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2. Flaggenprinzip

Verwandt mit dem Territorialitätsprinzip ist das Flaggenprinzip. Dieses ist für Deutschland in § 4 StGB normiert:

Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für Taten, die auf einem Schiff oder in einem Luftfahrzeug begangen werden, das berechtigt ist, die Bundesflagge oder das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen.

3. Aktives Personalitätsprinzip

Nach dem aktiven Personalitätsprinzip unterfallen häufig auch die Taten der Bürger eines Staates seiner Staatsgewalt, wenn diese im Ausland straffällig werden. Dies wird begründet mit der Bindung des Bürgers an den heimischen Staat und der Personalhoheit des Staates über den Bürger.

Dieses Prinzip findet sich in Deutschland nur eingeschränkt in § 5 StGB. Auch gilt es gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB.

§ 7 StGB schränkt die Reichweite des deutschen Strafrechts jedoch dahingehend ein, dass die Tat am Tatort mit Strafe bedroht sein muss oder es sich um ein sog. Niemandsland handelt.

4. Schutzprinzip

Nach dem Schutzprinzip soll das inländische Strafrecht auch für im Ausland begangene Taten gelten, welche inländische Rechtsgüter gefährden oder verletzen.

Dabei besagt das speziellere Staatsschutzprinzip, dass ein Recht des Staates auf Selbstverteidigung besteht, wenn Taten vorliegen, die sich gegen seine existentiellen Interessen richten. Es findet seine Ausprägung in § 5 Nr. 1 – 5 und Nr. 10 – 14a StGB.

Dem ebenso speziellen passiven Personalitätsprinzip lässt sich entnehmen, dass der Staat sein Strafrecht auch auf Handlungen ausweiten darf, welche sich gegen seine Bürger richten. Dieses gilt speziell in Fällen des § 5 Nr. 6 – 8a StGB und allgemein gem. § 7 Abs. 1 StGB.

5. Weltrechtsgrundsatz

Durch den Weltrechtsgrundsatz werden Taten bestraft, welche sich gegen Rechtsgüter und Kulturwerte richten, deren Schutz im Interesse aller Staaten steht. Hierzu sieht § 6 StGB einige Regelungen vor. Die Strafbarkeit von Völkerstraftaten folgt gem. § 1 VStGB dem Weltrechtsgrundsatz.

6. Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege

Gemäß dem Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege kann ein Staat seine Strafgewalt ausweiten, wenn ein anderer Staat seinen Strafanspruch nicht durchsetzen kann. Eine Ausprägung dieses Grundsatzes stellt § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB dar.

Auch die Neubürgerklausel des § 7 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB entspringt dem Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege.

7. Sonstiges

Bei einer Einschlägigkeit von § 7 StGB ist zu beachten, dass eine vollständige rechtliche Übereinstimmung insoweit nicht notwendig ist. Es genügt bereits, wenn die Tat auf irgendeine Art und Weise mit einer Strafe belegt ist. Reine Ordnungswidrigkeiten sind jedoch nicht gleichzusetzen und fallen aus dem Anwendungsbereich hinaus.

Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe des ausländischen Rechts können grundsätzlich angewendet werden.

Sollte der Auslandsbezug bejaht werden, ist zu beachten, dass manche Normen eine tatbestandsimmanente Inlandsbeschränkung enthalten, wie § 170 Abs. 1 StGB.

Zu beachten sind zudem das Völkerstrafrecht und die EMRK.

Quellen

  • Murmann, Uwe: Grundkurs Strafrecht, 2. Auflage 2013.
  • Wessels, Johannes / Beulke, Werner / Satzger, Helmut: Strafrecht Allgemeiner Teil, 44. Auflage 2014.

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

Dr. Frank Stummer

Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Als akkreditierter Trainer für PRINCE2® und weitere international anerkannte Methoden im Projekt- und Portfoliomanagement gibt Andreas Ellenberger seit Jahren sein Methodenwissen mit viel Bezug zur praktischen Umsetzung weiter. In seinen Präsenztrainings geht er konkret auf die Situation der Teilnehmer ein und erarbeitet gemeinsam Lösungsansätze für die eigene Praxis auf Basis der Theorie, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Da ihm dies am Herzen liegt, steht er für Telefoncoachings und Prüfungen einzelner Unterlagen bzgl. der Anwendung gern zur Verfügung.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.