
Nach Art. 19 IV S. 1 GG hat jedermann, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, das Recht, Gerichte anzurufen. Dies bezeichnet man auch als „formelles Hauptgrundrecht“ oder „Verfahrensgrundrecht“. Zudem handelt es sich um ein Leistungsrecht, woraus ein bestimmter Anspruchsinhalt folgt.
Art. 19 IV GG verleiht über das Recht, die Gerichte anzurufen hinaus, keine subjektiven Rechte. Sie werden vielmehr von der Vorschrift vorausgesetzt.
Allgemeines
I. Art. 19 IV GG stellt eines der wenigen Leistungsrechte dar.
II. Verlangt einen effektiven Rechtsschutz.
III. Öffentliche Gewalt in Art. 19 IV GG meint jegliche Exekutivakte. Gesetzgebung und Rechtsprechung sind nicht erfasst.
IV. Eine Rechtsverletzung wird, parallel zu § 42 II VWGO, bereits dann angenommen, wenn diese nach dem Vorbringen des Betroffenen möglich erscheint; Popularklage soll somit ausgeschlossen werden.
I. Schutzbereich
Art. 19 IV GG gewährleistet den Rechtsweg gegen Rechtsverletzungen mittels der öffentlichen Gewalt. Das BVerfG schließt jedoch die Rechtsprechung (Judikative) und die formelle Gesetzgebung („formelle“ Exekutive) aus dem Begriff der öffentlichen Gewalt iSd Art. 19 IV GG aus (vgl. BVerfG 49, 329, 340f; BVerfGE 24, 33, 49ff.).
Der Begriff der öffentlichen Gewalt meint folglich lediglich die Exekutive, sowie die „materielle“ Legislative (d.h. alle Satzung- und Verordnungsgeber).
Der Rechtsschutz gegen die gesetzgebende Gewalt ist indessen in Art. 93 GG ausdrücklich festgelegt.
Indem eine Rechtswidrigkeit gefordert werden muss, verlangt Art. 19 IV GG innewohnend die Existenz materiellen Rechts, worauf sich der einzelne Bürger dann berufen kann.
Insofern ersucht Art. 19 IV GG die Erstellung eines Rechtswegs vom und durch den Gesetzgeber und eine ausführende Verfahrensgestaltung mit Hilfe eines Richters.
Die Kontrolle durch den Richter muss dabei soweit gehen, wie es der Grundsatz der Gewaltenteilung gestattet. Das Ermessen auf tatsächliche Fehlwürfe und unbestätigte Rechtsbegriffe muss zu jeder Zeit prüfbar sein.
Bei der Interpretation einfachen Prozessrechts nimmt Art. 19 IV GG eine bedeutsame Stellung ein. Der behelfsmäßige Rechtsschutz darf die Folge der Hauptsacheentscheidung nicht vorwegnehmen („Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache“) . Ein Sonderfall besteht dann, wenn ohne vorläufige Erteilung die Gesetzmäßigkeiten des Klägers erschwert würden.
Diese Einmaligkeit kann nur erlässlich werden in Hinsicht auf den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 IV GG. Diese Sonderheit gilt aber folgerecht nur im Anwendungsbereich des Art. 19 IV GG, persönliche Rechte des Bürgers. Bei organschaftlichen Rechten findet diese Konstellation keine Verwendung.
Merke: In den Schutzbereich des Art. 19 IV GG fallen nur Handlungen der öffentlichen Gewalt, die normiert sind. Das Gericht nimmt keine Zweckmäßigkeitskontrolle vor. Wo der Gesetzgeber der Verwaltung einen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum überlässt, dürfen die Gerichte nur überprüfen, ob diese Spielräume eingehalten wurden (Stichwort: Ermessensfehlerlehre). Was der rechtlichen Regelung entzogen ist, kann zwar Interessen aber keine Rechte verletzen. Zu beachten ist aber, dass das BVerfG Beurteilungsspielräume nur dann anerkennt, wenn den jeweiligen Rechtsvorschriften entnommen werden kann, dass die Verwaltung zur Letztentscheidung über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Norm ermächtigt ist (sog. normative Ermächtigungslehre).
II. Eingriffe
Eine Anmaßung liegt in der Nichtgewährung des den obigen Anforderungen entsprechenden Rechtsschutzes. Zu beachten ist immer, dass dem Gesetzgeber bei der Ausstattung und Herstellung des Rechtswegs eine Spanne in Gestaltungsfragen zustehen kann, der freilich dank der benannten Kennzeichen begrenzt ist.
Merke: Damit stellen nur gesetzliche Bestimmungen, welche den Zugang zu den Gerichten erschweren, jedoch im Hinblick auf die Funktionalität von Rechtspflege- und -sicherheit nicht gebotene und damit für den Rechtsschutzsuchenden unzumutbar sind, Eingriffe in Art. 19 IV GG dar.
III. Schranken
Art. 19 IV GG wird unbeschränkt bewilligt. Gegebenenfalls kommen Begrenzungen mittels kollidierenden Verfassungsrechts in Betracht (verfassungsimmanente Schranken).
Der Gesetzgeber kann demzufolge den Rechtsweg buchstäblich steuern, sodass er einen notwendigen Spielraum hat, wann er materiell-rechtlich subjektive Rechte billigt.
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