Pfändung schuldnerfremder Forderungen

Pfändung schuldnerfremder Forderungen

Im Zwangsvollstreckungsrecht gilt grundsätzlich, dass eine Forderung, welche gepfändet werden soll, dem Schuldner zustehen muss. Hin und wieder taucht jedoch die Frage auf, ob auch schuldnerfremde Forderungen bei der Vollstreckung gepfändet werden können. Der folgende Beitrag erläutert den Meinungsstand zu diesem Problem.
Pfändung schuldnerfremder Forderungen
Lecturio Redaktion

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23.01.2024

Inhalt

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1. Pfändung einer schuldnerfremden Forderung

Die Vollstreckung in eine Forderung, die dem Schuldner gegenüber einem Dritten zusteht, ist äußerst praxisrelevant. Unterschieden wird hierbei zwischen Vollstreckung in Geldforderungen (§§ 829 – 845, 850, 853 ZPO) in Herausgabeansprüche (§§ 846 – 849 ZPO) sowie Vermögensrechte.

Aber was passiert, wenn eine schuldnerfremde Forderung vollstreckt wird?

Voraussetzung einer wirksamen Beschlagnahme ist, dass die gepfändete Forderung des Vollstreckungsschuldners besteht. Bei der Forderung handelt es sich um eine rechtliche Beziehung, daher geht die Pfändung bei einer nicht bestehenden oder schuldnerfremden Forderung ins Leere.

Steht die Forderung zu diesem Zeitpunkt nicht dem Schuldner, sondern einem Dritten zu, muss dieser daher keine Drittwiderspruchsklage erheben. Er kann dies aber dennoch tun, um den bestehenden Anschein einer wirksamen Pfändung zu beseitigen.

2. Möglichkeit der Heilung

Steht die Forderung im Zeitpunkt der Pfändung dem Schuldner nicht zu, ist fraglich, ob es eine Möglichkeit gibt, diesen Mangel zu heilen.

BeispielGläubiger G will eine Forderung des Schuldners S gegen den Drittschuldner DS pfänden lassen. Diese nicht bestimmbare Forderung erwirbt S jedoch erst einen Tag nach der Zustellung des Pfändungsbeschlusses. Hat die Pfändung Erfolg?

Diese Forderung steht im Zeitpunkt der Pfändung noch nicht dem Schuldner zu und ihr fehlt die Bestimmbarkeit. Die Pfändung geht somit ins Leere.

Fraglich ist jedoch, ob der spätere Erwerb der Forderung durch den Schuldner den Mangel heilen kann.

a. Herrschende Meinung

Die herrschende Meinung verneint dies. Eine Anwendung von § 185 Abs. 2 BGB sei abzulehnen, da die Pfändung einer dem Schuldner nicht zustehenden Forderung von Vornherein ins Leere gehe.

Die Pfändung einer Forderung setze einen im Zeitpunkt der Pfändung in der Person des Schuldners bestehenden Anspruch gegen den Drittschuldner voraus. Ist dies nicht der Fall, sei sie schlechthin nichtig. [BGH NJW 2002, 755, 757; BGH NJW 1987, 1703]

Folgt man dieser Auffassung, muss der Vollstreckungsgläubiger die dem Vollstreckungsschuldner zustehende Forderung erneut pfänden.

Gleiches gilt, wenn eine von dem Vollstreckungsschuldner bereits vor der Pfändung abgetretene Forderung nachträglich wieder an den Vollstreckungsschuldner zurückabgetreten wird. Auch hier kann der Vollstreckungsgläubiger nur durch eine neue Pfändung auf die Forderung zugreifen [BGH NJW 1971, 1938]

Die Pfändung ist somit auch unwirksam, wenn der Schuldner die Forderung vor der Pfändung abgetreten hat [BAG NJW 93, 2699]

Nur wenn sich die Pfändung auf laufende Einkünfte bezog, führt eine Rückabtretung zu einer wirksamen Pfändung: In diesem Fall wird die Pfändung zwar ebenfalls nicht rückwirkend wirksam. Da aber auch die künftigen Einkünfte erfasst werden (§ 832 ZPO), ist sie in Bezug auf diejenigen Einkünfte wirksam, welche nach der Rückabtretung fällig werden.

b. Andere Ansicht

Bejaht man hingegen die Anwendbarkeit von § 185 Abs. 2 BGB analog, könnte dieser umständliche Weg vereinfacht werden [LAG Hamm NZA 1992, 855, 857f.].

Diesem Ergebnis stünden jedenfalls keine schutzwürdigen Interessen der Beteiligten und keine öffentlichen Belange entgegen. Der BGH hat sich jedoch bisher, wie erläutert, dagegen entschieden.

Quellen

  • Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, Zwangsvollstreckungsrecht
  • Saenger [Hrsg.], Zivilprozessordnung
  • Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht

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Simon Veiser beschäftigt sich seit 2010 nicht nur theoretisch mit IT Service Management und ITIL, sondern auch als leidenschaftlicher Berater und Trainer. In unterschiedlichsten Projekten definierte, implementierte und optimierte er erfolgreiche IT Service Management Systeme. Dabei unterstützte er das organisatorische Change Management als zentralen Erfolgsfaktor in IT-Projekten. Simon Veiser ist ausgebildeter Trainer (CompTIA CTT+) und absolvierte die Zertifizierungen zum ITIL v3 Expert und ITIL 4 Managing Professional.

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Dr. Frank Stummer ist Gründer und CEO der Digital Forensics GmbH und seit vielen Jahren insbesondere im Bereich der forensischen Netzwerkverkehrsanalyse tätig. Er ist Mitgründer mehrerer Unternehmen im Hochtechnologiebereich, u.a. der ipoque GmbH und der Adyton Systems AG, die beide von einem Konzern akquiriert wurden, sowie der Rhebo GmbH, einem Unternehmen für IT-Sicherheit und Netzwerküberwachung im Bereich Industrie 4.0 und IoT. Zuvor arbeitete er als Unternehmensberater für internationale Großkonzerne. Frank Stummer studierte Betriebswirtschaft an der TU Bergakademie Freiberg und promovierte am Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe.

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Sobair Barak hat einen Masterabschluss in Wirtschaftsingenieurwesen absolviert und hat sich anschließend an der Harvard Business School weitergebildet. Heute ist er in einer Management-Position tätig und hat bereits diverse berufliche Auszeichnungen erhalten. Es ist seine persönliche Mission, in seinen Kursen besonders praxisrelevantes Wissen zu vermitteln, welches im täglichen Arbeits- und Geschäftsalltag von Nutzen ist.

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Wolfgang A. Erharter ist Managementtrainer, Organisationsberater, Musiker und Buchautor. Er begleitet seit über 15 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Start-ups. Daneben hält er Vorträge auf Kongressen und Vorlesungen in MBA-Programmen. 2012 ist sein Buch „Kreativität gibt es nicht“ erschienen, in dem er mit gängigen Mythen aufräumt und seine „Logik des Schaffens“ darlegt. Seine Vorträge gestaltet er musikalisch mit seiner Geige.

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Holger Wöltje ist Diplom-Ingenieur (BA) für Informationstechnik und mehrfacher Bestseller-Autor. Seit 1996 hat er über 15.800 Anwendern in Seminaren und Work-shops geholfen, die moderne Technik produktiver einzusetzen. Seit 2001 ist Holger Wöltje selbstständiger Berater und Vortragsredner. Er unterstützt die Mitarbeiter von mittelständischen Firmen und Fortune-Global-500- sowie DAX-30-Unternehmen dabei, ihren Arbeitsstil zu optimieren und zeigt Outlook-, OneNote- und SharePoint-Nutzern, wie sie ihre Termine, Aufgaben und E-Mails in den Griff bekommen, alle wichtigen Infos immer elektronisch parat haben, im Team effektiv zusammenarbeiten, mit moderner Technik produktiver arbeiten und mehr Zeit für das Wesentliche gewinnen.

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Frank Eilers ist Keynote Speaker zu den Zukunftsthemen Digitale Transformation, Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit. Er betreibt seit mehreren Jahren den Podcast „Arbeitsphilosophen“ und übersetzt komplexe Zukunftsthemen für ein breites Publikum. Als ehemaliger Stand-up Comedian bringt Eilers eine ordentliche Portion Humor und Lockerheit mit. 2017 wurde er für seine Arbeit mit dem Coaching Award ausgezeichnet.

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Alexander Plath ist seit über 30 Jahren im Verkauf und Vertrieb aktiv und hat in dieser Zeit alle Stationen vom Verkäufer bis zum Direktor Vertrieb Ausland und Mediensprecher eines multinationalen Unternehmens durchlaufen. Seit mehr als 20 Jahren coacht er Führungskräfte und Verkäufer*innen und ist ein gefragter Trainer und Referent im In- und Ausland, der vor allem mit hoher Praxisnähe, Humor und Begeisterung überzeugt.