Blickt man auf die aktuellen Arbeitsmarktstudien zum Personalmanagement in Deutschland, scheint es imagetechnisch nicht rosig um HR zu stehen. Aus der aktuellen Kienbaum HR-Trendstudie geht hervor, dass HR für gerade mal 18% der Manager ein so gutes Image hat wie das anderer Abteilungen. Auch 45% der HR-Mitarbeiter selbst zweifeln an ihren eigenen Fähigkeiten. Dabei sind viele Vorbehalte und Vorwürfe gegen HR nicht gerechtfertigt und haben oftmals ganz andere Ursachen.
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Bild: “Day 323: HR: What’s the point of it all?” von Quinn Dombrowski. Lizenz: CC BY 2.0


Es scheint inzwischen salonfähig geworden zu sein, die Existenzberechtigung von HR in Frage zu stellen und Personaler als administrative Autisten, innovationsscheue Papiertiger oder faule Bewerbungsmappensammler abzuqualifizieren. Dass viele der Vorurteile gegenüber HR unbegründet sind, möchten wir Ihnen anhand dieser 4 Beispiele zeigen.

Vorurteil Nr. 1: Personaler recruiten schlecht

Die Zahlen sprechen scheinbar für sich. Laut einer Studie des Personaldienstleisters Robert Half haben bereits 80% der Personaler einen Mitarbeiter eingestellt, der nicht den Anforderungen entsprach. Schnell ist der Vorwurf schlechten Recruitings gemacht, dabei sind die Personaler selten alleine für solche Fehleinstellungen verantwortlich.

Die oft für den HR-Bereich überraschend kommenden Bedarfsanforderungen sind gerade bei ganz spezifischen Stellen eine Herausforderung für Personaler. Da sie keine Profis des jeweiligen Fachbereichs sind, benötigen sie passgenaue Anforderungsprofile der Stellen. Oftmals führen zu unkonkrete Stellenbeschreibungen seitens der Fachbereiche zu solchen Fehleinstellungen.

Gelingt es Personalentscheidern eine Fachkraft zu finden, die für eine vakante Stelle qualifiziert genug zu sein scheint, sind sie auch dann nicht davor gefeit, eine Fehlentscheidung zu treffen. So lässt sich laut der Robert-Half-Studie jeder 10. Mitarbeiterwechsel auf misslungenes Recruiting zurückführen.

Auch wenn Personaler Allrounder sind und sich in vielen Bereichen auskennen, ist ihre Hauptaufgabe bei Bewerbungen darauf zu achten, ob ein Bewerber zum Unternehmen passt. Qualifikationen und Fähigkeiten können sie jedoch nur bedingt überprüfen und brauchen für eine bessere Einschätzung der Anwärter den Beistand der kundigen Fachbereiche.

Vorurteil Nr. 2: Personaler sträuben sich vor technischen Neuerungen

Zugegeben, der in HR-Kreisen schleppende Medienwechsel von Web 2.0 zum Mobile Web bekräftigt dieses Vorurteil. Laut einer Umfrage des Jobportals Indeed würden sich 60% der arbeitsuchenden Deutschen gern mobil bewerben, wohingegen nur 12% der befragten Arbeitgeber ihre Karriereseiten für mobile Endgeräte angepasst haben.

HR-Mitarbeitern eine generelle Trägheit auf diesem Gebiet zuzuschreiben, wäre jedoch zu kurz gegriffen. Dass laut Umfrage ein Drittel der befragten Personaler steigende Bewerbungseingänge bei gleichzeitigem Qualitätsverlust fürchteten, erklärt diesen Umstand nur im Ansatz.

Der digitale Wandel sowie Einsparungen auf dem HR-Sektor führen in vielen Unternehmen dazu, dass Personaler vor gesteigerte Anforderungen gestellt werden, die sie meist nicht alleine bewältigen können. Aus der Indeed-Umfrage geht hervor, dass es für 22% der Befragten technisch einfach zu aufwendig oder mangels IT-Ressourcen nicht durchführbar ist.

Selbst die innovativste HR-Abteilung kann die aufwändige Rekrutierung mittels Social Media nicht einfach nur nebenbei erledigen. Auch wird die Hilfe der IT-Abteilung benötigt, um Karriereseiten mobile-web-tauglich zu machen, da HR-Mitarbeitern schlichtweg die Programmierkenntnisse fehlen. Ohne zusätzliche Unterstützung durch die Geschäftsführung kann HR nur bedingt mit dem technischen Wandel schritthalten, was nicht an der Innovationsfreude der Personaler liegt.

Vorurteil Nr. 3: Personaler werden überbewertet

Die Lager sind gespalten. Auf der einen Seite spricht man von HR als Businesspartner. Dieser soll der Geschäftsführung sowohl strategisch als auch operationell beiseite stehen. Auf der anderen Seite werden Rufe nach Auflösung von HR laut. Das ganze Administrative solle ausgelagert werden, alles Weitere sei ohnehin Führungsaufgabe.

In vielen Unternehmen scheint es so, als fände der Bereich, der sich um die wichtigste Ressource – den Menschen – kümmert, immer noch wenig Gehör auf Vorstandsebene, vor allem wenn es um Entscheidungen und Mitspracherecht zu strategischer Personalarbeit geht.

Die Kienbaum HR-Trendstudie ergab, dass HR-Manager in lediglich 44% der Unternehmen im Vorstand vertreten sind und dass 60% aller Befragten Personalprozessen einen geringeren Wert beimessen als der Unternehmensstrategie.

Überbewertet werden die Aufgaben von HR aber dennoch nicht: Paradoxerweise erkennen die Befragten zugleich die hohe Relevanz des Bereiches an und schätzen die Brisanz dieses Aufgabenfeldes sogar noch höher ein als andere strategische Unternehmensfelder.

Vorurteil Nr. 4: Personaler machen ihre Arbeit nicht

Aus der aktuellen Kienbaum-Studie geht hervor, dass jeder Dritte Personaler die ihm gestellte Aufgabe offenbar nicht erfüllt. Selbst in Unternehmen, in denen HR einen hohen Stellenwert einnimmt, wertgeschätzt wird und an der strategischen Unternehmensführung teilhaben kann, gibt es immer wieder Situationen, in denen Personaler alles richtig machen und ihren Beruf dennoch nicht richtig ausüben können.

Es wird dem besten Recruiter nicht möglich sein, einen Top-Kandidaten an Land zu ziehen, wenn der Vorstand an unterirdischen Gehaltsvorstellungen festhält. Kein begehrter Bewerber wird unzählige Aufschübe von Bewerbungsgesprächen lange mitmachen, weil der Chef keine Zeit findet und wird damit früher oder später bei der Konkurrenz landen.

Diese und etliche weitere Beispiele dieser Art verdeutlichen, dass gutes Personalmanagement nicht nur von den Personalern abhängt. Wenn Fachbereiche und Chefs nicht mit ihnen an einem Strang ziehen, sind auch den besten HR-Managern die Hände gebunden.

Auf den Punkt gebracht

Personaler stehen heute mehr denn je im Spannungsfeld zwischen den wachsenden Anforderungen durch den Arbeitsmarktwandel und der mangelnden Anerkennung als Berater in den Vorständen. Mehr Ressourcen und ein größeres Mitspracherecht könnten ihre Einflussnahme begünstigen und ihnen dadurch auch mehr positive Mitwirkung an wichtigen Unternehmensprozessen ermöglichen.

 

Quellen

Studie des Personaldienstleisters Robert Half zu Fehleinstellungen

Kienbaum – HR Trendstudie 2014

Indeed-Umfrage zu Mobile Recruiting

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Ein Gedanke zu „4 Vorurteile über Personaler und was wirklich dahinter steckt

  • Tim Schmidt

    Ein gut zu lesender und aufklärender Artikel. Aber ich finde, dass es ihnen nicht an Anerkennung als Berater in den Vorständen mangelt. Es ist eben ein fester Bestandteil ihreres Aufgabenbereiches wie auch auf der Seite http://www.personaler.career/ u. a. schön erklärt wird. Und wie schon bereits im Artikel unter Vorurteil Nummer 1 erwähnt wurde: Fehlerhafte Rekrutierung liegt nicht immer allein am Personaler, womit er oder sie nicht allein verantwortlich ist.