Egal, ob als Abiturzeugnis oder Baugenehmigung: Wir alle sind ihm schon einmal im echten Leben begegnet. Die Rede ist vom Verwaltungsakt, im Jurastudium auch als VA bezeichnet. Er hat viele Gesichter und einige juristische Probleme sind mit ihm verbunden. Doch keine Panik: Wir erklären Ihnen zum Einstieg die wichtigsten Basics.
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Was ist ein Verwaltungsakt?

§ 35 S. 1 VwVfG bietet zu dieser Frage eine Legaldefinition. Danach ist ein Verwaltungsakt

jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

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Hieraus ergeben sich die sechs Merkmale des Verwaltungsaktes:

1. Hoheitlich

Der Verwaltungsakt ist eine hoheitliche Maßnahme. Das bedeutet, dass er eine einseitige Regelung darstellt. Dies unterscheidet ihn von einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, der zweiseitig beschaffen ist.

2. Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts

Der Verwaltungsakt muss dem öffentlichen Recht zuzuordnen sein. Dies ist er, wenn die Behörde auf Grundlage des öffentlichen Rechts handelt. Hier sind die üblichen Abgrenzungstheorien zu prüfen, die auch bei der Frage nach der Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges eine Rolle spielen. Nach der modifizierten Subjektstheorie liegt eine Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts vor, wenn die streitentscheidende Norm ausschließlich einen Träger öffentlicher Gewalt berechtigt oder verpflichtet.

Tipp: Die einzelnen Abgrenzungstheorien werden in diesem kostenlosen Video näher erläutert!

3. Regelung

Mit dem Merkmal der Regelung ist gemeint, dass die Maßnahme darauf gerichtet sein muss, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen.

Abzugrenzen ist der Verwaltungsakt hier insbesondere von Realakten, vorbereitenden Maßnahmen und öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen.

a) Realakt

Realakte sind rein tatsächliche Verwaltungshandlungen mit dem Zweck der Herbeiführung eines tatsächlichen (statt eines rechtlichen) Erfolges. Hierzu zählen etwa auch Auskünfte und Informationen, wobei in Ausnahmefällen auch Verwaltungsakte vorliegen können.

b) Vorbereitende Maßnahmen

Solange es an einer abschließenden Regelung mangelt, sind Vorbereitungs- und Teilakte keine Verwaltungsakte. Problematisch sind hier insbesondere Benotungen. Bei den Einzelnoten handelt es sich nach h.M. lediglich um solch unselbstständige Vorbereitungs- und Teilakte. Ist eine Einzelnote im Endzeugnis allerdings entscheidungserheblich, kann es sich bei ihr auch um einen Verwaltungsakt handeln.

c) Öffentlich-rechtliche Willenserklärungen

Rechtserhebliche Willenserklärungen sind regelmäßig keine Verwaltungsakte. Beispiele sind Aufrechnung, Fristsetzung und Stundung. Fraglich ist dies allerdings für feststellende Verwaltungsakte, welche das Bestehen einer Rechtslage lediglich feststellen. Ob es sich hierbei um einen feststellenden Verwaltungsakt oder einen bloßen Hinweis handelt, ist im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, wobei besonderes Augenmerk auf den Tenor des Bescheids gelegt werden muss.

4. Einzelfall

Der Verwaltungsakt muss außerdem einen Einzelfall regeln. Er muss demnach einen individuellen Bezug aufweisen. Ob er dabei abstrakt oder konkret ist, ist zunächst unerheblich. Dies unterscheidet ihn von einer Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG (generell-konkret) und von einer Rechtsnorm (generell-abstrakt).

5. Behörde

Es muss außerdem eine Behörde handeln. Auch bei diesem Merkmal lohnt sich ein Blick in das Gesetz: Gemäß § 1 Abs. 4 VwVfG ist

Behörde im Sinne dieses Gesetzes […[ jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

Dies wird auch als funktioneller Behördenbegriff bezeichnet.

Zu beachten ist hierbei, dass in der Klausur i.d.R. auf den gleichlautetenden Behördenbegriff im jeweiligen LandesVwVfG abzustellen ist.

6. Außenwirkung

Der VA entfaltet Außenwirkung, wenn er die Rechte von Personen unmittelbar betrifft, die nicht zum verwaltungsinternen Bereich gehören.

Wie überprüfe ich die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes?

Schließlich wird in Klausuren immer wieder von Ihnen verlangt, die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes zu überprüfen. Hierbei können Sie sich an diesem Schema orientieren:

I. Ermächtigungsgrundlage

Zunächst müssen Sie feststellen, ob eine Ermächtigungsgrundlage vorliegt, die grundsätzlich die Maßnahme der Behörde decken könnte. Dieses Erfordernis ergibt sich aus dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes. Die Ermächtigungsgrundlage ist in diesem Punkt nur zu benennen.

II. Formelle Rechtmäßigkeit

In der formellen Rechtmäßigkeit gilt es zu klären, ob die Anforderungen an Zuständigkeit, Verfahren und Form gewahrt sind.

1. Zuständigkeit

An dieser Stelle muss geprüft werden, ob die handelnde Behörde auch zuständig war. Dabei muss grundsätzlich auf die sachliche und die örtliche Zuständigkeit eingegangen werden. Die sachliche Zuständigkeit meint dabei die Frage, ob das Handeln innerhalb des sachlichen Aufgabengebietes der Behörde stattgefunden hat. Die örtliche Zuständigkeit beantwortet beispielsweise, ob der Gemeinderat der Stadt X oder Y zuständig war.

2. Verfahren

Hier geht es um die Frage, ob die Verfahrensvoraussetzungen des VwVfG oder der entsprechenden spezialgesetzlichen Regelung eingehalten wurden. Bei diesbezüglichen Anhaltspunkten im Sachverhalt muss hier die Anhörung des Betroffenen nach § 28 VwVfG thematisiert werden. An dieser Stelle müssen auch eventuelle Beteiligungsfehler diskutiert werden, etwa eine unterbliebene Hinzuziehung von Dritten, die Beteiligung von Personen, die nicht hätten beteiligt werden dürfen, oder die mangelnde Mitwirkung eines Ausschusses, obwohl diese spezialgesetzlich angeordnet wurde.

3. Form

Aus den §§ 10, 37 Abs. 2 VwVfG ergibt sich grundsätzlich die Formfreiheit bei Erlass eines VAs. § 39 Abs. 1 VwVfG statuiert jedoch eine Begründungspflicht für schriftliche und elektronische Verwaltungsakte bzw. solche, die schriftlich oder elektronisch bestätigt worden sind.

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III. Materielle Rechtmäßigkeit

Hier müssen Sie überprüfen, ob die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt sind. An dieser Stelle liegt meistens der Schwerpunkt der Klausur.

1. Rechtmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlage

Unter Umständen muss zuerst die Rechtmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlage besprochen werden. Dies ist aber nur nötig, wenn sich hierfür explizite Anhaltspunkte im Sachverhalt befinden.

2. Tatbestand

An diesem Punkt gilt es zu prüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt sind. Dabei müssen Sie die einzelnen Merkmale definieren und den Sachverhalt unter diese subsumieren.

3. Rechtsfolge

Aus der Ermächtigungsgrundlage ergibt sich dann schließlich, ob die Rechtsfolge eine gebundene Entscheidung ist oder ob der Behörde ein Ermessensspielraum zusteht. Bei einer gebundenen Entscheidung muss die Behörde den Verwaltungsakt erlassen.

Häufig steht der Behörde aber ein Entschließungsermessen (will sie handeln) bzw. ein Auswahlermessen (in welcher Form will sie handeln) zu. Aus § 40 VwVfG ergibt sich, dass die Behörde bei ihrem Handeln das Ermessen gemäß dem Zweck der Ermächtigung und innerhalb seiner gesetzlichen Grenzen ausüben muss. Dabei ist insbesondere auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten.

4. Ergebnis

Hier muss abschließend festgestellt werden, ob der Verwaltungsakt als rechtmäßig oder rechtswidrig zu beurteilen ist. Beachten Sie jedoch: Auch wenn der Verwaltungsakt formell rechtswidrig sein sollte, müssen Sie die §§ 45, 46 VwVfG im Auge behalten.

§ 45 regelt die mögliche Heilung von Verfahrens- und Formfehlern, wohingegen § 46 statuiert, dass ein VA, der nicht nichtig ist, nicht allein deshalb aufgehoben werden muss, weil er unter der Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit, das Verfahren oder die Form erlassen wurde, sofern es offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

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