
Inhaltsverzeichnis
I. Grundlagen
Aus § 275 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass der Erfüllungsanspruch bei Unmöglichkeit erlischt. Dass eine solche Unmöglichkeit auch bei Vertragsschluss vorliegen kann und diesen somit nicht ausschließt, ergibt sich aus § 311a Abs. 1 BGB. Dort heißt es:
Der Wirksamkeit eines Vertrags steht es nicht entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht und das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt.
Nicht zu übersehen ist, dass auch die Ausschlussgründe des § 275 Abs. 2 und 3 BGB bereits anfänglich vorliegen können und das Zustandekommen des Vertrages nicht verhindern. Mithin ist auch das anfängliche Unvermögen miterfasst.
Einen einfachen Fall für anfängliche Unmöglichkeit stellt folgendes Beispiel dar:
A verkauft ein Buch an B, welches A jedoch gerade nicht dabei hat. A weiß nicht, dass das Buch in der Nacht verbrannt ist. Der Vertrag ist hier nach § 311a Abs. 1 BGB dennoch wirksam.
II. Rechtsfolgen
Wie sich aus § 275 Abs. 1 BGB ergibt, hat der Schuldner bei anfänglicher Unmöglichkeit nicht mehr zu leisten. Gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung. Nach § 275 Abs. 4 BGB bestimmen sich die Rechte des Gläubigers bei anfänglicher Unmöglichkeit nach § 311a BGB. In dessen Absatz 2 heißt es:
Der Gläubiger kann nach seiner Wahl Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz seiner Aufwendungen in dem in § 284 bestimmten Umfang verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.
Damit hat das Schuldverhältnis keine Primärleistungspflichten sondern nur sekundäre Leistungspflichten.
Besondere Beachtung verdient die Tatsache, dass es sich bei § 311a Abs. 2 BGB um eine selbstständige Anspruchsgrundlage handelt, welche die §§ 280, 283 BGB verdrängt.
Die Ansprüche aus § 311a Abs. 2 BGB sind somit:
- Schadensersatz statt der Leistung
- Ersatz vergeblicher Aufwendungen gem. § 284 BGB
Diese Ansprüche sind gem. § 311a Abs. 2 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Schuldner das Leistungshindernis bei Vertragsschluss nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. Das Vertretenmüssen ergibt sich wie üblich aus §§ 276 ff. BGB. In den Fällen anfänglicher Unmöglichkeit ist insbesondere darauf abzustellen, ob der Schuldner hätte erkennen können, dass die Leistung unmöglich ist.
Inwieweit der Schuldner sein Unwissen zu vertreten hat bestimmt sich nach seinen Erkundigungs- und Nachforschungspflichten. Auch möglich ist, dass der Schuldner eine Garantie dafür übernimmt, dass die Leistung möglich ist. Dies muss ggf. durch Auslegung ermittelt werden.
Mancher wird sich vielleicht die Frage stellen, weshalb § 311a BGB nicht einfach auf die üblichen Regelungen für den Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1, 3 i.V.m. § 283 BGB) verweist, sondern in § 311a Abs. 2 BGB eine eigenständige Anspruchsgrundlage aufweist. Dies folgt aus dem unterschiedlichen Haftungsmaßstab. Bei nachträglicher Unmöglichkeit haftet der Schuldner für jedes Handeln. Im Falle der anfänglichen Unmöglichkeit haftet er nur für sein Wissen. Anknüpfungspunkt ist die subjektive Vorstellung des Schuldners in Bezug auf die Möglichkeit der Leistungserfüllung.
Nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt sich zudem, dass der Gläubiger auch einen Anspruch auf das stellvertretende commodum gem. § 285 BGB.
III. Problem: Anfechtung nach § 119 Abs. 2 BGB
Problematisch ist die Konstellation, wenn der Gläubiger den Vertrag gem. § 119 Abs. 2 BGB mit der Begründung anficht, dass es sich bei dem anfänglichen Leistungshindernis um eine verkehrswesentliche Eigenschaft gehandelt habe.
Diese Möglichkeit wird jedoch nur derjenige wahrnehmen, für den die Wirksamkeit des Vertrags nachteilig ist, um sich etwaigen Ansprüchen zu entziehen. Jedenfalls ist er dann nach § 122 Abs. 1 BGB zum Ersatz des Vertrauensschadens verpflichtet.
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