Tötungsdelikte: Einschränkungen, Details Mordmerkmale, Tötung auf Verlangen von RA Wolfgang Bohnen

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Über den Vortrag

Der Vortrag „Tötungsdelikte: Einschränkungen, Details Mordmerkmale, Tötung auf Verlangen“ von RA Wolfgang Bohnen ist Bestandteil des Kurses „Strafrecht Besonderer Teil: Nicht Vermögensdelikte“. Der Vortrag ist dabei in folgende Kapitel unterteilt:

  • Einschränkungserfordernis durch BVerfG
  • Details Mordmerkmale
  • Tötung auf Verlangen

Quiz zum Vortrag

  1. Im Fall einer Tat, die durch eine notstandsnahe, ausweglose Situation geprägt ist.
  2. Im Fall einer Tat, welche aus großer Verzweiflung, aus tiefem Mitleid, aus gerechtem Zorn oder aufgrund schwerer Provokation begangen wurde.
  3. Im Fall einer Tat, in welcher der Tötungsgrund vom Opfer durch ständige zermürbende Konflikte oder schwere Kränkungen selbst hervorgerufen wurde.
  4. Im Fall einer Tat, welche gemessen an der Handlungsmotivation des Täters einem objektiven Dritten einleuchtend und nachvollziehbar erscheint.
  1. Die positive Typenkorrektur verlangt, dass zusätzlich zu den Voraussetzungen des Mordmerkmals eine Gesamtwürdigung der Tat vorgenommen wird. Das Ergebnis der Gesamtwürdigung muss dann zu dem Ergebnis führen, dass das Tatverhalten als besonders verwerflich anzusehen ist.
  2. Die negative Typenkorrektur verlangt eine Gesamtwürdigung der Tat, sofern sich Anhaltspunkte ergeben, die eine restriktive Auslegung als geboten erscheinen lassen könnten.
  3. Die positive Typenkorrektur verlangt, dass das Täterverhalten bezogen auf die konkrete Tathandlung eine besonders verwerfliche Gesinnung des Täters offenbaren muss.
  4. Die negative Typenkorrektur sieht eine Gesamtwürdigung für den Fall vor, dass Anhaltspunkte vorliegen, welche auf das Fehlen einer besonders verwerflichen Gesinnung beim Täter hindeuten.
  1. Nach dieser Lehre ist das Vorliegen eines Vertrauensverhältnisses bei der Tötung erforderlich. Die klassischen Fälle des Heimtückemordes – der Überfall von hinten durch einen Auftragsmörder bspw. – fällt dieser Lehre zufolge deshalb von vornherein nicht unter das Heimtücke-Mordmerkmal.
  2. Da nach dieser Lehre das Vorliegen eines Vertrauensverhältnisses zwischen Täter und Opfer erforderlich ist, kommt das Heimtücke-Mordmerkmal folglich nur noch bei Tötungsdelikten innerhalb von Familien oder Freunden zur Anwendung.
  3. Das Erfordernis der besonderen Verwerflichkeit des Vertrauensbruchs schränkt die Anwendbarkeit des Mordmerkmals der Heimtücke auf einige wenige Fälle ein.
  4. Die Lehre führt grundsätzlich nicht zu unbilligen Ergebnissen, da arg- und wehrlos nur ein solches Opfer sein kann, welches zu dem Täter in einem Vertrauensverhältnis steht.
  1. Eine BGH-Entscheidung ist aufgrund ihres Charakters von Rechtsprechung und Literatur gleichsam zu berücksichtigen und zu befolgen.
  2. Eine BGH-Entscheidung hat Vorbildcharakter für künftige Entscheidungen der Rechtsprechung.
  3. Eine BGH-Entscheidung ist aufgrund ihres Charakters von der Rechtsprechung in ihre Urteilsfindungen zwingend mit einzubeziehen.
  4. Eine BGH-Entscheidung hat die gleiche Geltung wie ein Gesetz.
  1. Eine einschränkende Auslegung, nach der der Richter auch auf eine zeitige Freiheitstrafe erkennen kann.
  2. Eine durch den Gesetzgeber zu schaffende Einschränkung, nach der der Richter auch auf eine zeitige Freiheitstrafe erkennen kann.
  3. Eine Tatbestandslösung, nach der der Richter auch auf eine zeitige Freiheitstrafe erkennen kann.
  4. Eine Rechtsfolgenlösung, nach der der Richter auch auf eine zeitige Freiheitstrafe erkennen kann.
  1. Die Tötung muss sich durch eine Gesamtwürdigung der Tat als besonders verwerflich darstellen.
  2. Die Tötung muss sich als besonders verwerflicher Bruch eines Vertrauensverhältnisses darstellen.
  3. Das Täterverhalten muss im Bezug auf die konkrete Tathandlung als besonders verwerflich erscheinen.
  4. Das Tatmotiv muss in einer Gesamtwürdigung der Tat besonders verwerflich erscheinen.
  1. Die Rechtsprechung durchbricht mit der Anwendung des § 49 StGB in den von ihnen erarbeiteten Fallgruppen das Wertungsgefüge der Tötungsdelikte – Mord bedeutet lebenslange Freiheitsstrafe, eine geringere Freiheitsstrafe ist nur beim Totschlag möglich – die Tatbestandslösung hingegen erhält das Wertungsgefüge aufrecht.
  2. Die Anwendung des § 49 StGB ohne eine auf diese Milderungsmöglichkeit verweisende Norm stellt einen Akt richterlicher Rechtsschöpfung dar, welcher gegen die Gewaltenteilung verstößt.
  3. Die Rechtsfolgenlösung kommt im Vergleich zur Tatbestandskorrektur zu unbilligen Ergebnissen, da sie den Unrechtsgehalt aufgrund der zu vage erstellten Fallgruppen, in denen eine Milderung in Betracht kommt, nicht für jeden individuellen Fall sachgerecht erfassen und verurteilen kann.
  4. Die Rechtsfolgenlösung kann das Wertungsgefüge der Tötungsdelikte mittels ihrer Fallgruppen nicht durchbrechen und kommt deshalb oft zu unbilligen Ergebnissen.
  1. Habgier kann auch bei der Absicht vorliegen, sich Aufwendungen und andere Ausgaben zu ersparen, da auch hier der Täter sein Vermögen über das Leben eines Menschen stellt.
  2. Strebt der Täter nicht nach einem Vermögensgewinn, kann kein Habgier vorliegen. Eine solche Tat besitzt nicht die gleiche gesteigerte Verwerflichkeit wie ein Mord aus Vermögensmehrungsabsicht.
  3. Ob in einem solchen Fall vom Mordmerkmal der Habgier ausgegangen werden kann, hängt von der Höhe der beabsichtigten Einsparungen ab.
  4. Bezieht sich die Absicht des Täters auf die Vermögenserhaltung, kann von Habgier nur ausgegangen werden, wenn die Tötung angesichts des Einsparungszwecks noch als besonders verwerflich angesehen werden kann.
  1. Das Tötungsmotiv muss nach allgemeiner sittlicher Anschauung verachtenswert sein und auf tiefster Stufe stehen.
  2. Die Einstufung als "niedriger Beweggrund" muss sich aufgrund einer Gesamtwürdigung, unter Einschluss der Umstände der Tat, der Lebensverhältnisse des Täters und seiner Persönlichkeit ergeben.
  3. Die Tat darf sich, gemessen an den Moralvorstellungen des sozialen Umfelds des Täters nicht als nachvollziehbar erweisen.
  4. Das Opfer darf das Tötungsmotiv nicht durch eigenes Verhalten verursacht / herbeigeführt haben.
  1. Nach Rspr. ist für die objektive Bewertung auf die Moralvorstellungen der BRD abzustellen.
  2. Nach Rspr. ist für die objektive Bewertung auf die Moralvorstellungen des jeweiligen Kulturkreises des Täters abzustellen.
  3. Da wir in der EU leben, ist die europäische Wertvorstellung maßgeblich.
  4. Nach Rspr. ist für die objektive Bewertung auf die Moralvorstellungen des jeweiligen Täters abzustellen.
  1. Schlafende
  2. Kleinkinder, sofern schutzbereite Dritte umgangen wurden
  3. Kleinkinder
  4. Bewusstlose
  1. Ja, es wird zu den objektiven Voraussetzungen noch ein Handeln aus einer gefühlslosen und unbarmherzigen Gesinnung verlangt.
  2. Ja, es wird ein Handeln in feindseliger Willensrichtung verlangt.
  3. Nein. Voraussetzungen zu fordern, die nicht im Tatbestand enthalten sind, stellt einen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz dar.
  4. Ja, es wird zusätzlich gefordert, dass Tathandlung und Taterfolg jeweils als "grausam" erachtet werden können.
  1. Es kommt darauf an. Hält der Täter sich vom Verfolger für erkannt, muss die Tötung erfolgreich sein und hierfür reicht dann ein für Möglichhalten des Erfolges nicht aus, um auf eine Verdeckungsabsicht schließen zu können.
  2. Natürlich. Laut Wortlaut § 211 II 3. Gruppe StGB muss die Absicht doch nur auf die Verdeckung vorliegen.
  3. Es kommt darauf an. Geht der Täter davon aus, dass der Verfolger ihn nicht erkannt hat, muss die Tötung erfolgreich sein und hierfür reicht dann ein für Möglichhalten des Erfolges nicht aus, um auf eine Verdeckungsabsicht schließen zu können.
  4. Es kommt darauf an. Hält der Täter sich vom Verfolger für erkannt, muss die Tötung erfolgreich sein und hierfür ist dann ein für möglich Halten des Erfolges ausreichend, um auf eine Verdeckungsabsicht schließen zu können.
  1. Einen Verdeckungsmord durch Unterlassen gibt es nicht, da in einem solchen Fall die Tötung nicht Mittel zur Verdeckung ist, sondern nur Folge der zu verdeckenden Tat.
  2. Ein Verdeckungsmord durch Unterlassen ist möglich. Mittel zur Verdickung muss nur der vom Täter in gang gesetzte Kausalverlauf sein. In diesen Kausalverlauf fällt dann auch die Tötung.
  3. Für die Möglichkeit eines Verdeckungsmordes durch Unterlassen kommt es auf die Absicht des Täters an, die vorangegangene Tat gerade durch die Tötung zu verdecken.
  4. Ein Verdeckungsmord durch Unterlassen ist möglich, sofern eine Entdeckung der vorangegangenen Tat möglich gewesen wäre, wenn das Opfer nicht getötet worden wäre.
  1. Nach der Rechtsprechung ist § 28 StGB in seiner Ausprägung für strafbegründende Merkmale (§ 28 I StGB) auf § 216 StGB anwendbar.
  2. Nach der h.L. und der Literatur ist § 28 StGB in seiner Ausprägung für strafmodifizierende Merkmale (§ 28 II StGB)
  3. Nein, § 28 StGB ist auf § 216 StGB nicht anwendbar, da die Tötung auf Verlangen ein tatbezogenes Merkmal darstellt.
  4. Nach ganz h.M. ist auf § 216 StGB der § 28 StGB in seiner Ausprägung für strafbegründende Merkmale (§ 28 I StGB) anwendbar.
  1. Täter ist, wer die Tatherrschaft über den letzten todbringenden Moment hat.
  2. Teilnehmer ist, wer die Tatherrschaft über den letzten todbringenden Moment nicht in den Händen hält.
  3. Täter ist derjenige, der den Geschehensablauf bis zuletzt in den Händen hält, sodass das Opfer duldend den Tod entgegen nimmt.
  4. Teilnehmer ist derjenige, der nur den Geschehensablauf in gang setzt, und somit dem Opfer die freie Entscheidungsmöglichkeit bleibt, sich den Folgen zu entziehen oder nicht.

Dozent des Vortrages Tötungsdelikte: Einschränkungen, Details Mordmerkmale, Tötung auf Verlangen

RA Wolfgang Bohnen

RA Wolfgang Bohnen

Der Rechtsanwalt Wolfgang Bohnen ist seit mehr als 25 Jahren als Strafverteidiger und Dozent im Straf- und Strafprozessrecht tätig.
Seine Repetitorien zeichnen sich aus durch seine lebendige, strukturierte und nachhaltige Vermittlung der Lerninhalte im Straf- und Strafprozessrecht.

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Auszüge aus dem Begleitmaterial

... sich entsprechen, gebietet Rechtsstaatsprinzip und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Lebenslang zwar verfassungskonform, aber aus Gründen der Verhältnismäßigkeit muss Richter Möglichkeit ...

... - begangen in großer Verzweiflung, aus tiefem Mitleid, aus gerechtem Zorn, aufgrund schwerer Provokation ...

... Der Onkel gibt im Bekanntenkreis mit der Vergewaltigung an. Als O in einem Mokka-Stübchen würfelt, betritt T das Lokal. Zunächst grüßt er den Onkel und wendet ...

... § 49 zu lösen. Feindselige Willensrichtung (+) Entlastende Faktoren = vorangegangene Provokation des O für den T bestehende Konfliktsituation Folge: § 49 ...

... Täter, Tat und Tatumständen muss Tötung als besonders verwerflich darstellen. Ausgelöst wurde der Entschluss zur Tötung des Opfers durch O selbst, weil ...

... nicht als besonders verwerflich angesehen werden vorangegangenen Provokationen des Onkels zur Tat, das weitere Verhalten des Onkels innerhalb der türkischen Gemeinschaft ...

... § 49 = Akt der richterl. Rechtsschöpfung. Verzerrung des Wertungsgefüges der Tötungsdelikte. Vorteil der Tatbestandslösung ist, dass das Wertungsgefüge ...

... selten geschlechtliche Befriedigung im Töten (Lustmord i.e.S.) oder nach dem Töten (Nekrophilie) sowie Tötung i.R. einer Vergewaltigung BGH „Kannibale von Rotenburg“ auch dann, wenn Täter ...

... gesteigertes Gewinnstreben um jeden Preis; bzw. rücksichtsloses Streben nach Vermögensvorteilen um den Preis eines Menschenlebens z.B. Raubmord; gedungene Mörder (Auftragsmord); Tötung zur Erlangung einer Erbschaft oder Lebensversicherung ...

... der Umstände der Tat, der Lebensverhältnisse des Täters und seiner Persönlichkeit Leitlinie: Meist durch hemmungslose (krasse) ...

... Bewertung gelten die Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der BRD. Ist T den Moralvorstellungen seiner Kultur verhaftet, kann Handeln aus niedrigen Beweggründen nur dann angenommen werden, wenn es ihm zumindest (subjektiv) ...

... Täter dabei seiner persönlichen Ehre und der Familienehre wegen gleichsam als Vollstrecker eines von ihm und ...

... der seinerseits nachvollziehbar als schuldig an der Tötung eines anderen Menschen erachtet wird. „Gerade bei einem Verlust naher Angehöriger durch eine Gewalttat sind rachemotivierte Tötungen nicht ohne Weiteres als Mord aus niedrigen Beweggründen zu bewerten. In einer besonderen Belastungssituation bei Verlust ...

... Ausdruck einer verwerflichen Gesinnung - verbunden mit einem verwerflichen Vertrauensbruch. Bewusste Ausnutzung = T muss die Situation des Opfers in ihrer Bedeutung für ...

... jedenfalls in einer akuten Notwehrlage ein Erpresser stets mit der Ausübung des Notwehrrechts durch den Angegriffenen rechnen muss, ...

... = besondere Verwerflichkeit der Tatbegehung b. Grausam, aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung, werden Opfer Qualen und Schmerzen ...

... so kann das Ziel der Verdeckung nur durch eine erfolgreiche Tötung erreicht werden. Aus dem Erkennen des Täters bzw. aus der Identifizierungsmöglichkeit ergibt ...

... des Tatziels Situation 2: Geht der Täter davon aus, dass er nicht erkannt wurde und dass selbst bei ...

... T verlässt die Unfallstelle und nimmt dabei den Tod des O billigend in Kauf. O hätte bei rechtzeitiger Hilfe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerettet werden können. Unproblematisch hat sich T wegen fahrlässiger Tötung und Gefährdung ...

... Meinung 1: Beim Zusammentreffen von bedingtem Tötungsvorsatz und Verdeckungsabsicht müsse der Tod des Opfers gerade als Mittel zur Erreichung der angestrebten Verdeckung dienen, wenn somit der ...

... neuere Rechtsprechung geht davon aus, dass das Mittel der Verdeckung nur der vom Täter in Gang gesetzte Ursachenverlauf sein muss. Dieser Ursachenverlauf müsse dazu dienen, eine Straftat nicht offenbar werden zu lassen. ...

... mehr als bloße Einwilligung = Tod soll gerade von der Hand des Täters empfangen werden. Ausdrücklich= auch konkludent oder bedingt ...

... so dass das Opfer duldend den Tod entgegen nimmt. Teilnehmer der Selbsttötung und straflos ist derjenige, der nur den Geschehensablauf in Gang setzt ...

... Problem: Abgrenzung § 216 zur Teilnahme an einer Selbsttötung, Abgrenzung nach ... Entscheidend sei, wer die Tatherrschaft über den letzten todbringenden Moment habe. ...